Liebe Krippenfreundinnen!
Liebe Krippenfreunde!
Unsere schönen Krippen zeigen sehr anschaulich, was wir zu Weihnachten feiern. Doch nun der Reihe nach.
Der Engel sagte zu den Hirten: „Ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr“ (Lk 2,11)! - Das ist die frohe Botschaft von Weihnachten. Das ist der Grund unserer Freude! „Heute ist euch der Retter geboren!“
Ganz nüchtern betrachtet muss man sagen: Dieses Ereignis, nein: das Kind in der Krippe hat die Welt verändert und nicht die Großen der Welt! Und doch haben wir bis heute die Tragweite dieses Geschehens nicht begriffen, weil es so unglaublich ist: Gott wird Mensch! Hand aufs Herz: da steht unser Verstand an, weil er vor dem Geheimnis verstummt. Deswegen klammern wir uns ganz legitim an die uns so vertrauten äußeren Zeichen: an die Engel, die Hirten, an das Kind in der Krippe, an Maria und Josef usw. Und wenn wir dann noch „Stille Nacht, heilige Nacht“ singen, geht uns das Herz über! Fast eine heile Welt, oder?
Doch so heil war sie damals nicht und so heil ist sie auch heute nicht! Gewalt, Terror, Krieg usw. beherrschen unser Leben. Unzählige Menschen wissen nicht aus und ein. Die Armut ist - auch bei uns - weiterverbreitet, als man meint. Es gibt so viele, die kaum das Nötigste haben. Andere leiden unter Krankheiten des Leibes und der Seele. Und dann gibt es noch die, denen es so geht wie den Hirten, die nicht dazugehören, weil sie am Rand stehen oder sogar außerhalb der Gesellschaft. Und was ist mit den Flüchtlingen?
Es ist also keineswegs eine heile Welt, in der wir leben! Aber mitten hinein in diese ganz konkrete Welt mit all ihren Verletzungen und Wunden, mit ihren Unmenschlichkeiten und Abgründen ergeht wie aus einer anderen Welt die Botschaft: „Heute ist euch der Retter geboren!“ Und sie kommt tatsächlich aus einer anderen Welt. Denn sie kommt von Gott! Weil ER diese unsere Welt nicht abgeschrieben hat, tritt er ein in unser Leben und wird Mensch!
Kardinal Walter Kasper schreibt: „Was wir zu Weihnachten feiern, ist alles andere als eine Idylle. Die Krippe, die wir längst in unsere warmen Stuben geholt haben, stand bekanntlich im Stall. Niemand war da, der der schwangeren Frau und dem jungen Mann aus Nazareth in Galiläa menschenwürdige Bleibe zu geben bereit war. Kaum war das Kind zur Welt gekommen, musste die junge Familie fliehen, weil Herodes, der machtbesessene Herrscher, dem Kind Jesus nach dem Leben trachtete. Flüchtlinge waren sie, politisch Verfolgte, Asylsuchende!“
Wer weiß, vielleicht sind all diese Menschen am Rande dem Wunder viel näher als ich? Und Weihnachten ist tatsächlich ein Wunder! Der Unfassbare wird fassbar! Der Unbegreifliche wird greifbar! Der Allmächtige wird ein kleines hilfloses Kind!“ Menschwerdung!
Aber gerade das ist das Besondere am Wunder der Weihnacht: Gott kommt nicht als mächtiger Herrscher, nicht mit Bomben und Granaten! Gott kommt in einem kleinen, wehrlosen Kind zu uns auf die Erde. Nicht in der Hauptstadt bei den Mächtigen oder Reichen, sondern in einem kleinen Dorf am Rande der Welt. - Das ist Gottes Programm bis heute! ER kommt zu den Armen und Schwachen und stellt sich an ihre Seite. ER will mit Liebe die Menschen überzeugen, ihm zu vertrauen und seinem Weg zu folgen! Auch wenn es für viele naiv, lächerlich oder seltsam klingt, darf die Kirche nie aufhören, diese frohe Botschaft zu verkünden.
In vielen Weihnachtslieder heißt es: „Los, brechen wir auf nach Bethlehem!“ Doch wo ist Bethlehem? Nicht wenige suchen heute Bethlehem in der Karibik, auf den Malediven usw. Doch Bethlehem ist nicht weit weg! Bethlehem ist bei mir, in meinem Haus, in meiner Familie, an meinem Arbeitsplatz! Mein Bethlehem ist in meinem Herzen mit all seinen Fragen, Sehnsüchten, Sorgen und Ängsten, mit allem Streit, den es oft gibt und den div. Ausweglosigkeiten und Sackgassen! Und genau in diese meine Situation hinein ist Gott Mensch geworden. Damit mir ein Licht leuchtet und ich Hoffnung habe!
Weihnachten ist also keine Idylle. Weihnachten hat Konsequenzen! Wenn Gott uns so sehr seine übergroße Barmherzigkeit schenkt - Zeichen dafür ist das Kind in der Krippe -, dann müssen auch wir barmherzig miteinander umgehen. Denn nur so und nur dann kann Menschwerdung weitergehen! Wenn wir uns ehrlich darum bemühen und dabei auch die nicht links liegenlassen, die an den Rändern sitzen, dann können wir ohne schlechtes Gewissen auch mitten in unserer zerrissenen und heillosen Welt „Stille Nacht, heilige Nacht“ singen.
Und ein letztes noch. Eine Befragung hat festgestellt, dass Weihnachten nach wie vor nichts von seinem Glanz verloren hat! Wir jedoch sollten nicht vergessen, wer der eigentliche Glanz von Weihnachten ist! Es ist Jesus! ER ist das wahre Licht; ein Licht, das nicht blendet, sondern uns den Weg zu einem erfüllten Leben zeigt. Möge das Licht des göttlichen Kindes unser Leben erleuchten und froh machen! Das ist mein Weihnachtswunsch für Sie alle!
Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer
Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs