Gedanken über den Hohen Frauentag


Liebe Krippenfreundinnen!

Liebe Krippenfreunde!

 

In jeder Weihnachtskrippe bestaunen wir neben dem Jesuskind auch seine Mutter Maria. Was uns die Kirche mit dem Fest ihrer Aufnahme in den Himmel sagen möchte, und wir Jahr für Jahr am Hohen Frauentag feiern, versuche ich nun verständlich zu machen.  

 

Bei jeder Bergwanderung gibt es irgendwann einmal einen Punkt, von dem aus man den Gipfel sieht, zu dem man unterwegs ist. Da kommt Freude auf, und ich bin neu motiviert. 

Am Höhepunkt des Sommers feiern wir Katholiken am 15. August ein Fest, das mich in vielem an so einen Aussichtspunkt erinnert: Maria Aufnahme in den Himmel! Der Hohe Frauentag schenkt uns mitten im Alltag einen herrlichen Ausblick auf das Ziel unseres Lebens. Und das ist der Himmel. Maria hat durch ihre Aufnahme in den Himmel dieses endgültige Ziel schon erreicht. Mit ihr ist also durch Gottes Liebe und Treue zumindest ein Mensch bereits dort, wohin auch wir alle einmal wollen und wo unsere letzte Sehnsucht gestillt wird. 

 

Seien wir ehrlich: in der Hektik des Alltags verlieren wir dieses Ziel unseres Lebens sehr leicht aus dem Auge. Wir starren gebannt auf den Boden, auf unsere Verpflichtungen, Termine und Geschäfte und zwar so sehr, dass wir auf den Blick nach oben nur allzu oft vergessen. Mit dem heutigen Fest lädt uns die Kirche liebevoll ein, zum Himmel zu blicken, eben dorthin, wohin uns Maria vorausgegangen ist. Deswegen ist uns dieser Feiertag so wertvoll und kostbar.

 

Altarbild Dom St. Pölten - Foto (c) Manfred Priester - Krippenfreunde Oberes Innviertel
Altarbild Dom St. Pölten - Foto (c) Manfred Priester - Krippenfreunde Oberes Innviertel

Das heutige Festgeheimnis heißt genau: „Maria wurde mit Leib und Seele in die Herrlichkeit des Himmels erhoben.“ Da geht es also um Maria, eine Frau aus dem Volk, einem Menschen wie wir; freilich mit einer einzigartigen Berufung. Von ihr sagt die Kirche: Sie ist aufgenommen mit Leib und Seele.

Das ist zweifelsohne ein eindeutiges Ja zu unserem Leib und zu allem, was zu ihm gehört. Dies ist insofern bedeutsam, da es immer wieder Zeiten gegeben hat, in denen man leibfeindlich eingestellt war.  

 

Heute allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Da wird der Leib verherrlicht und oft geradezu wie ein Götze behandelt und angebetet; freilich nur der junge, leistungsfähige, attraktive, gesunde Leib des Menschen. Was aber ist bei dieser Lebenseinstellung mit den kranken, gebrechlichen, alten und behinderten Menschen? Sie bleiben auf der Strecke! - Das aber ist nicht die Sicht unseres Glaubens. Die Kirche sagt vielmehr: Der Mensch besteht aus Leib und Seele. Und beide sind gut, auch der Leib. Wenn nicht, dann hätte Gott ganz sicher nicht in Jesus Christus einen menschlichen Leib angenommen. Und beide, Leib und Seele, sollen und müssen wir pflegen.

Maria wurde also mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. „Sie wurde aufgenommen“, das heißt: Maria hat sich den Himmel nicht selbst verdient, er wurde ihr geschenkt und zwar von dem, der sie aus Liebe ins Leben gerufen hat. Und das ist Gott, unser Vater! So wird deutlich: Das Wesentliche kann man nicht machen. Liebe, Treue, Frieden, Gemeinschaft usw. alles das ist zu einem guten Teil Geschenk. 

 

Und was Gott an Maria getan hat, das will er auch an uns tun! Das nun ist das Entscheidende, das Hoffnungsvolle, das Tröstliche für uns! Das heutige Fest der Aufnahme Marias in den Himmel betrifft also nicht nur Maria, sondern es geht auch uns an! Im Blick auf sie feiern wir nämlich unsere Vollendung. Denn Gott will auch uns einmal in die Herrlichkeit des Himmels aufnehmen, vorausgesetzt allerdings, dass auch wir so offen sind für IHN und unsere Mitmenschen wie Maria es gewesen ist. 

 

Was wir also heute am Hohen Frauentag in Freude und Dankbarkeit mit der ganzen Kirche feiern, bekennen wir jedes Mal, wenn wir beim glorreichen Rosenkranz im vierten Gesätzchen beten: „Der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat!“ 

Und was tut Maria im Himmel? - Sie tritt beim Vater betend und bittend für uns ein. Sie ist also unsere große und mächtige Fürsprecherin im Himmel. Dafür 

aber gebührt ihr unser aller aufrichtiger Dank! Denn ihre Fürbitte bei Gott brauchen auch wir sehr notwendig.

 

Santa Maria Nova - Rom - Foto (c) Klaus Gspan
Santa Maria Nova - Rom - Foto (c) Klaus Gspan

Mit dem heutigen Fest der Aufnahme Marias in den Himmel feiern wir also, um es noch einmal zu sagen, unsere eigene Zukunft! Denn an Maria hat Gott bereits erfüllt, was uns allen verheißen ist! 

Möge Maria uns helfen, dass wir in der Hektik des Alltags auf den Himmel nicht vergessen und wir in der Sorge um unser leibliches Wohl unsere Seele nicht verkümmern lassen! Wie so viele zu allen Zeiten bitten und beten deswegen auch wir inständig: „O Maria hilf!“ 

 

Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer, Salzburg

Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs