Geistliche Impulse zum Advent 2022


Advent 2022 - Foto: Bertram Frei - Götzis
Advent 2022 - Foto: Bertram Frei - Götzis

Liebe Krippenfreundinnen!

Liebe Krippenfreunde!

 

Wenn der Advent da ist, dauert es nicht mehr lange bis zum Aufstellen der Weihnachtskrippen. Die Krippenbauer haben in diesen Wochen mehr als genug zu tun, um ja noch rechtzeitig mit allem fertig zu werden.

Doch halten wir nun ein wenig inne, um über den eigentlichen Sinn der Adventzeit ein bisschen nachzudenken!

 

„Heuer soll es anders werden“, nehmen sich viele vor: „weniger Stress und Hektik, mehr Stille und Licht, mehr Wärme und Menschlichkeit“. Wie oft haben wir uns das eigentlich schon vorgenommen? Wie es heuer wird, hängt weitgehend von uns selber ab. Sicher, wir können nicht ganz ausbrechen aus dem Getriebe, aber erdrücken lassen brauchen wir uns auch nicht!

 

Advent: dieses Wort löst - wie kaum ein anderes - Erinnerungen aus; Erinnerungen an die Kindheit und an das, wie es früher war. Advent ist inzwischen aber auch zu einem beinharten Geschäft geworden. Denn die Schaufenster sind auch heuer wieder angefüllt und warten auf die Käufer. 

Und noch etwas: Weihrauchduft, Glühwein, Lebkuchen, Tannenbäume und Lichterketten gaukeln uns gerade in diesen Wochen eine Romantik und Rührseligkeit vor, die sich nur allzu schnell als Illusion und Scheinwelt entpuppt.

Mit anderen Worten: Das, was die meisten unter Advent verstehen, ist nicht wirklich Advent; denn Advent ist keine Stimmung und auch kein Gefühlsausbruch. Advent ist vielmehr eine Grundhaltung der Kirche. Und diese Grundhaltung wird nirgends deutlicher als in der Feier der Adventgottesdienste. Was dabei auffällt, ist folgendes: die Texte dieser Gottesdienste sind völlig frei von aller Sentimentalität und Verkitschung, dafür aber randvoll mit Hoffnung, Kraft und jugendlicher Begeisterung.

So wird deutlich, was Advent tatsächlich ist: die große Zukunftserwartung der Kirche! Und diese Zukunftserwartung richtet sich durchaus nicht in erster Linie auf den 24. Dezember. Die adventliche Hoffnung ist nämlich viel größer und weitreichender. Sie gilt dem Kommen des Herrn, genauer gesagt: seinem Wiederkommen am Ende der Tage mit großer Macht und Herrlichkeit. Weil dieses Ereignis noch aussteht - man kann auch sagen, solange dieses Ereignis noch aussteht -, leben wir im Advent, d.h. in Erwartung. 

 

Und genau davon redet die Kirche in den Gottesdiensten der Adventzeit. Ihre Sehnsucht nach dem Kommen des Herrn lässt die Erwartung von Woche zu Woche größer werden und hoffentlich eine unbändige Freude aufkommen.

Deshalb hat man die Feier des Advents eine „Feier der ewigen Jugend“ genannt. Und dies ist sehr treffend, denn zur Jugend gehört die Hoffnung, die Erwartung, ja das stürmische Nach-vorne-Drängen.

Bei den Christen der ersten Generation war diese Hoffnung auf das Kommen des Herrn wirklich eine sehr stürmische; uns ist sie allerdings weitgehend abhandengekommen. Denn wer rechnet wirklich allen Ernstes damit, dass der Herr wiederkommt? Und doch strebt die ganze Menschheit und alle Schöpfung auf dieses eine Ereignis hin. Uns immer wieder daran zu erinnern und uns dieses alles entscheidende Ereignis ins Gedächtnis zu rufen, ist der Sinn der Adventwochen.

 

„Heuer soll es ganz anders werden im Advent“, wünschen sich viele. Die Frage ist nur, wie es anders werden kann! Jesus sagt oft in den Evangelien: „Wachet und betet allezeit“ (z. B. Mk 14,38)! Wachsam sollen wir also sein, damit wir uns von der Jagd nach dem irdischen Glück nicht so sehr in Beschlag nehmen lassen, dass die Hoffnung auf Gott erdrückt wird. Diese Hoffnung auf Gott und sein Kommen wachzuhalten, das ist Advent! Darum geht es eigentlich immer, in diesen Tagen aber ganz besonders. 

Advent ist also nicht die Verpflichtung, die Wohnung zu putzen und Geschenke zu kaufen, viel wichtiger ist, dass wir uns durch das kommende Fest der Menschwerdung Gottes auch selbst zu mehr Menschlichkeit motivieren und anstiften lassen. „Mehr Menschlichkeit und nicht mehr Geschenke!“ Das könnte eine Devise sein, die uns den eigentlichen Sinn der Adventzeit neu erkennen und entdecken lässt. 

„Mehr Menschlichkeit!“ - Darauf warten im Grunde alle, nicht nur die Kinder. Sich mehr Zeit nehmen für die Familie, für die Kinder, für die alten Eltern, für einen einsamen Menschen; sich mehr Zeit nehmen auch für Gott und den Gottesdienst, sich mehr Zeit nehmen auch für sich selber, d.h. für unser Inneres, für unser seelisches und geistliches Wohl und Heil, alles das ist weit wichtiger und wertvoller als die teuersten Geschenke, die wir oft nur deswegen kaufen und geben, um unser Gewissen zu beruhigen.

 

Um es ganz kurz zu sagen: Eigentlich ist unser ganzes Leben ein Advent. Denn wir warten auf das Kommen unseres Herrn. Wo er nicht erwartet wird, dort kann er auch nicht empfangen werden, dort geschieht aber auch nicht Erlösung. Und so rufen wir mit den Christen auf der ganzen Welt: „Reiß doch die Himmel auf und komm!“ Und ich glaube nicht, dass wir weniger Grund haben, so zu rufen, als unsere Vorfahren. 

 

Ich wünsche Ihnen eine wesentliche und gesegnete Adventzeit!

 

 Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer

Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs