Geistliche Impulse - Fastenzeit


Liebe Krippenfreundinnen!

Liebe Krippenfreunde!

 


Wir bewundern nicht nur unsere schönen Weihnachtskrippen, sondern auch die sog. Fastenkrippen, in denen vorwiegend Szenen der Passion Jesu dargestellt werden.  

Apropos Fasten! Im Ablauf des Kirchenjahres folgt etliche Wochen nach dem Fest der „Darstellung des Herrn“ (Maria Lichtmess) eine siebenwöchige Periode, die wir als „Fastenzeit“ bezeichnen. Dieser Zeitabschnitt beginnt mit dem Aschermittwoch. Asche ist ein altes Zeichen für die Vergänglichkeit des Lebens, aber auch für Umkehr, Buße und Neubeginn. 

Nach dem 5. Fastensonntag treten wir mit dem Palmsonntag ein in die „Große Heilige Woche“, die wir auch Karwoche nennen. Sie gipfelt im Osterfest. Da die ganze Fastenzeit eine einzige breitangelegte Vorbereitung auf Ostern ist, wird diese Zeit auch die „Österliche Bußzeit“ genannt. 

 

Dass die Fastenzeit ein ganz eigenes Gepräge, eine spezielle Atmosphäre, eine charakteristische Note hat, sieht man auch, wenn man eine Kirche betritt. Einfache Nüchternheit ist in diesen Tagen und Wochen angesagt. Deswegen wird in der Fastenzeit auch ganz bewusst auf jeden Blumenschmuck verzichtet. Die dominierende Farbe, die dieser Zeit entspricht, ist violett. Sie ist die Farbe der Vorbereitung. Die einfache und schlichte Nüchternheit dieser Zeit spiegelt sich auch bei den Gottesdiensten wider; denn in der Fastenzeit werden kein Gloria und auch kein Halleluja gesungen. Auch die Orgel wird nur sehr spärlich und sparsam eingesetzt. Orgelfasten nennen wir das.

 

Die Feier der Fastenzeit hat sich schon sehr bald und zwar bereits im 1. nachchristlichen Jahrhundert entwickelt und ausgeprägt. Dabei spielten jene biblischen Texte eine wichtige Rolle, in denen ein Zeitraum von 40 Tagen oder Jahren vorkommt. Denn in der Hl. Schrift ist die Zahl 40 eine symbolische Zahl: 

40 Jahre lang zog das Volk Israel unter der Führung Gottes durch die Wüste in das Gelobte Land. 40 Tage verweilte Mose auf dem Berg Sinai. 40 Tage wanderte der Prophet Elija zum Gottesberg Horeb. 40 Tage gab Jona der Stadt Ninive Zeit, Buße zu tun und umzukehren. 40 Tage fastete Jesus in der Wüste. 

 

Und so bereitet sich auch die christliche Gemeinde 40 Tage lang auf die Osterfeier vor, wobei von der 40-tägigen Fastenzeit die Sonntage ausgenommen sind. In diesen Tagen und Wochen sollen jedes Jahr die Getauften wieder „neu werden“ und als Christinnen und Christen ein Leben im Sinn und Geist Jesu, des Auferstandenen, führen. 

 

Fastentuch von Krumpendorf, Sung Min Kim, 2020-2021  Foto Maria-Gracia Winkler
Fastentuch von Krumpendorf, Sung Min Kim, 2020-2021 Foto Maria-Gracia Winkler

Doch was ist denn eigentlich „Fasten“? Dass es dabei gar nicht in erster Linie um weniger Essen geht, wissen wir. Obwohl die bewusste Einschränkung beim Essen eine eminent geistliche Wirkung haben kann. Fasten hat natürlich auch mit Verzichten zu tun. Aber Fasten ist und heißt weit mehr. Fasten im Sinne der Kirche ist ein umfassendes Geschehen; ein Prozess also, der den ganzen Menschen mit allen Sinnen betrifft.

 

Fasten, so könnte man sagen, ist die Konzentration auf das Wesentliche in unserem Leben. Fasten ist Beten mit dem Körper. Ziel des Fastens ist es, bewusster und wesentlicher zu leben. Die Zeit vor Ostern bietet eine gute Gelegenheit, wieder einmal über den eigenen Lebensstil nachzudenken und sich neu zu orientieren. Vor allem aber ist sie auch eine Einladung zu Besinnung, Gebet und einem bewussteren religiösen Leben sowie zum Empfang der Sakramente. Fasten kann also sehr verschieden ausschauen. 

 

Ich nenne das Fasten mit den Augen: Was schaue ich in den ganzen Tag über alles an im Fernsehen, in den Illustrierten usw. Muss ich wirklich alles sehen? Fasten mit den Augen würde aber auch heißen, zu überlegen, wovor ich die Augen verschließe. Wo müsste ich bewusster hinschauen? - Ich nenne das Fasten mit den Ohren: Halte ich Stille aus, ohne gleich kribbelig zu werden? Kann ich zuhören, wenn andere reden? - Ich nenne das Fasten mit dem Mund: Den Mund halten wäre oft besser. Besser wäre es auch, mit den anderen und nicht über andere zu reden oder Gutes von anderen weiterzusagen. - Ich nenne das Fasten mit den Füssen: Bin ich so viel unterwegs, dass ich für mich und meine Mitmenschen keine Zeit mehr finde? - Ich nenne auch das Autofasten: Ob es nicht auch sinnvoll wäre, einmal meinen alltäglichen Umgang mit dem Auto zu hinterfragen? usw. usf.

 

Fasten ist also eine Bewegung nach innen und eine Bewegung nach außen. Eine Bewegung nach innen, weil es darum geht, mich wieder mit neuer Energie, neuer Konsequenz und Treue, aber auch mit neuer Freude auf Gott hin auszurichten und mit den Augen Christi mein Leben zu betrachten, sodass es an Tiefe und Sinn gewinnt. – Fasten ist aber auch eine Bewegung nach außen und zwar ein bewusstes sich Hinwenden zu meinen Mitmenschen mit all ihren Sorgen und Nöten, die mich nicht kalt lassen sollten. – In einem Gebet heißt es: „Herr, hilf uns, das Böse zu unterlassen und mit Entschiedenheit das Gute zu tun!“ Das wäre sicher ein Fasten, das Gott gefällt.

Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer

Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs