Gedanken zum Neujahrstag 2023


Liebe Krippenfreundinnen!

Liebe Krippenfreunde!

 


Den Neujahrstag feiert die Kirche nicht nur als Hochfest der Gottesmutter Maria, sondern auch als Weltfriedenstag.

 

Apropos Friede: 

Als die himmlischen Heerscharen über den Feldern von Bethlehem jubelten: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden“, hörte ein kleiner Engel plötzlich auf zu singen. Die Sänger neben ihm stutzten und setzten ebenfalls aus. Komisch, was mit dem kleinen Engel passierte. Das Schweigen des Kleinen pflanzte sich rasch fort und hätte beinahe den ganzen Chor ins Wanken gebracht. Ein Erzengel ging dem gefährlichen Schweigen nach. 

„Warum willst du nicht singen?“, fragte er ihn streng. „Ich wollte ja singen. Und ich habe auch gesungen bis zum ‚Ehre sei Gott in der Höhe’. Als dann das ‚Frieden auf Erden’ kam, konnte ich nicht mehr weiter mitsingen. Das, was ich sehe, genügt mir. Es ist nicht wahr, dass es auf Erden Frieden unter den Menschen gibt. Und ich singe nicht gegen meine Überzeugung!“ 

 

Gloria in excelsis Deo- Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs
Gloria in excelsis Deo- Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs

Wahrscheinlich pflichten viele von Ihnen diesem kleinen Engel bei. Was ist eigentlich aus dem Frieden geworden, von dem die Engel gesungen haben? Gibt es doch so viel Unfrieden! - Unfrieden zwischen Völkern, zwischen Religionsgemeinschaften, in Dörfern, leider auch in der Kirche und in den Pfarrgemeinden, Unfrieden in den Familien. Und dieser Unfriede - vor allem auch in den Familien - wird gerade jetzt zu Weihnachten für viele wieder sehr schmerzlich erfahrbar. 

Ja es stimmt: die Erwartungen an uns, aber auch in uns sind hoch und die Sehnsucht nach Frieden ist noch größer: nach Frieden in uns selbst, nach Zufriedenheit, nach Perspektiven für unser Leben, die Sehnsucht nach Hoffnung und Sinn. Wir sehnen uns nach Frieden in unseren Beziehungen: mit dem Partner und der Partnerin, mit den Kindern, mit den Freunden. Wir sehnen uns nach Frieden in der Welt. Wie groß ist der Wunsch, dass Frieden lebbar ist. 

Und doch ist es oft anders. Wir erleben Unfrieden; Unfrieden im Großen wie im Kleinen und zwar auf Schritt und Tritt.

Der kleine Engel stieg aus, weil ihm das verlogen vorkam. „Ich merke doch den Unterschied“, verteidigt er sich, „zwischen dem, was wir singen und dem, was auf Erden ist. Ich halte diese Spannung nicht mehr länger aus!“ 

Da nickte ihm der Erzengel zu und begann ihm zu erklären: „Weißt du, in Bethlehem, als Gott Mensch geworden ist, ist dieser Zwiespalt überbrückt worden. Dieses Kind, das da geboren wurde, soll unseren Frieden in die Welt bringen. Gott gibt seinen Frieden allen. Wir übertönen mit unserem Gesang nicht den Zwiespalt, wie du meinst. Wir singen vielmehr das neue Lied! Und dieses neue Lied heißt: der Frieden ist dort möglich, wo die Menschen guten Willens sind!“   

 

Zugegeben: wir haben alle unsere liebe Not mit dem Frieden oder? Wie sagt das Sprichwort? „Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt!“ 

Ja es stimmt: zum Frieden schließen gehören immer zwei. Wenn einer nicht will, dann kann und wird es keinen Frieden geben. 

Gloria in excelsis Deo- Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs
Gloria in excelsis Deo- Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs

 

Deswegen schreibt auch der Apostel Paulus im Brief an die Römer: „Soweit es euch möglich ist, haltet mit allen Menschen Frieden“ (12,18). „Soweit es euch möglich ist!“ Es kann also durchaus sein, dass ein Friede wirklich nicht möglich ist, weil oder wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt! Nur müssen wir überlegen, ob der „böse Nachbar“ nicht wir selber sind? Ob nicht wir es sind, die den Frieden aufs Spiel setzen, gefährden oder gar unmöglich machen!

Gloria in excelsis Deo - Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs
Gloria in excelsis Deo - Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs

Was ich damit sagen will: 

Der Friede hängt auch von uns ab! Er hängt auch von mir ab! Solange ich es nicht fertigbringe, in meiner Familie, mit meinen Freunden und Nachbarn in Frieden zu leben, solange brauche ich mich nicht wundern, dass es in der Welt Unfrieden und Krieg gibt! Denn der Frieden beginnt bei mir selber! 

Und noch etwas: 

Der Friede ist immer zerbrechlich. Wenn ich mich nicht ganz bewusst darum bemühe, in Frieden und Eintracht mit meinen Mitmenschen zu leben, wird er zerbrechen und zwar an meiner Ohnmacht und Hilflosigkeit. Denn menschliche Kräfte allein vermögen einen dauernden Frieden nicht herzustellen. Der wahre Frieden ist nämlich zutiefst ein Werk des Heiligen Geistes!

Deswegen sind die eigentlichen Friedenstifter jene Menschen, die sich vom Geist Gottes führen, leiten und inspirieren lassen! Überall dort, wo Gottes Geist eine Chance hat; überall dort, wo wir dem Geist Gottes Raum geben, ist Frieden möglich. Wo jedoch ungerechte Verhältnisse vorherrschen, ist kein dauerhafter Frieden denkbar! Deswegen ist Gottes Geist auch der Geist der Gerechtigkeit. Denn Gerechtigkeit und Frieden sind Geschwister. Das gilt für unsere Familien genauso wie für die große Politik.       

Und so bitten wir am Beginn des neuen Jahres um den Engel des Friedens für alle Menschen, für alle Völker und Nationen, für die Ukraine; um den Engel des Friedens aber auch für unsere Familien, für unsere Kirche und unsere Pfarrgemeinde. Möge dieser Engel des Friedens uns begleiten hinein in das Jahr 2023, damit es für uns und alle Menschen ein Jahr des Friedens - oder wie wir als Christen sagen - ein Jahr des Heiles wird und werden kann. 

Möge der Engel des Friedens uns gute Gedanke eingeben und unseren guten Willen beflügeln. Denn Frieden ist nur dort möglich, wo Menschen guten Willens sind! Und mit diesem Engel des Friedens können wir getrost hineingehen ins neue Jahr, weil Gott mit uns ist und mit uns geht! Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes, friedvolles und gesundes neues Jahr! 

Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer

Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs

  

Gloria in excelsis Deo - Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs
Gloria in excelsis Deo - Foto (c) Verband der Krippenfreunde Österreichs